Quickline / Nexora - StartUp Experiment abgebrochen

tosci

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01. Jan. 1970
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Quelle: Der Bund https://www.derbund.ch/wirtschaft/startupexperiment-abgebrochen/story/14299133

Mit grossen Plänen wechselte der Chef des Kabelnetzbetreibers Quickline letzten Sommer in ein hauseigenes Jungunternehmen. Nach wenigen Monaten ist er nun bereits wieder weg.

fred.jpgQuickline hat ein Problem: Der Verbund von 23 Schweizer Kabelnetzbetreibern ist nicht nur deutlich kleiner als Konkurrentin UPC. Er wird auch zunehmend von der Swisscom und anderen Internetprovidern konkurrenziert. Denn um fernzusehen, ist heute kein Kabelnetzanschluss mehr nötig. Ein Glasfaseranschluss, also das frühere Telefonnetz, reicht völlig aus.

Um technologisch nicht den Anschluss zu verlieren, gründete Quickline im vergangenen Mai an ihrem Sitz in Nidau die Nexora AG. Die Firma soll eine Fernseh-Plattform für Quickline-Kunden, aber auch für Dritte entwickeln. Quickline kündigte mit Nexora aber noch viel mehr an: «Das Innovations-Lab wird mit künstlicher Intelligenz, Big Data und Advanced Advertising den nächsten Digitalisierungsschub vorantreiben.»

Mitte Jahr gab Quickline-Chef Nicolas Perrenoud seinen Posten auf und wechselte als Chef zu Nexora. Bei Quickline übernahm der langjährige Finanzchef Frédéric Goetschmann das Ruder. Nach acht Jahren an der Spitze von Quickline wolle er etwas Neues wagen, sagte Perrenoud damals und bezeichnete Nexora als Start-up – was nicht falsch war: Er und fünf weitere Mitarbeiter übernahmen die Aktienmehrheit an Nexora. Quickline war zwar die grösste Aktionärin, aber Minderheitsaktionärin.

Aktionäre fordern Kontrolle

Doch die Jungunternehmer-Träume von Perrenoud platzten bald: Bereits im November verliessen er und zwei weitere Kaderleute die Nexora AG. Der Hintergrund: Kurz nach dem Wechsel Perrenouds zu Nexora fand im Verwaltungsrat von Quickline ein Meinungsumschwung statt. Quickline sollte die Kontrolle über Nexora erlangen, also die Aktienmehrheit, so die neue Devise. Offenbar war bei einigen Aktionären von Quickline die Off-Net-Strategie von Nexora nicht gut angekommen. 

Die Aktionäre, das sind die regionalen Kabelnetzbetreiber. Mit TV-Produkten, die auch über Glasfaser genutzt werden könnten, würde Quickline zwar zusätzliche Einnahmen generieren. Doch die Nutzer solcher Angebote hätten keinen Anreiz, einen Kabelnetzbetreiber statt eines Telecomanbieters als Internetprovider zu wählen. Diese Konkurrenz aus dem eigenen Haus missfiel den Kabelnetzbetreibern. Sie forderten, Nexora an die engere Leine zu nehmen.

Alle Aktien zurückgekauft

Rechtlich hatte Quickline wohl keine Handhabe, die Aktienmehrheit an Nexora zu erreichen. Doch das Management des Jungunternehmens wollte den Streit nicht eskalieren lassen und verkaufte seine Aktien an Quickline – dem Vernehmen nach zu einem guten Preis. Quickline hält nun 100 Prozent an Nexora. Statt eines Start-ups ist Nexora nun eine klassische Tochterfirma. Sie beschäftigt inzwischen knapp 20 Mitarbeiter in Nidau und Zürich. Nicolas Perrenoud spricht nur von «konstruktiven Gesprächen» mit Quickline. Aus dem Aktienverkauf an Quickline hat er jedoch seine Konsequenz gezogen und sich von Nexora verabschiedet. Bis Mitte Jahr will er sich nun eine Auszeit mit der Familie gönnen und dann neue Projekte prüfen, wie er sagt.

Bei Quickline gibt man sich auf Anfrage des «Bund» zugeknöpft. Beim Unternehmen, das 160 Mitarbeitende zählt, will sich offiziell niemand zum Thema Nexora äussern. Doch an der Ausrichtung der Tochterfirma soll sich offenbar nichts ändern – die Off-Net-Strategie ist noch nicht vom Tisch. Auf der Website von Nexora werden Unternehmen ausserhalb der Quickline-Gruppe immer noch als potenzielle Kunden genannt. (Der Bund)

 
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Quickline hat ein Problem: Der Verbund von 23 Schweizer Kabelnetzbetreibern ist nicht nur deutlich kleiner als Konkurrentin UPC. Er wird auch zunehmend von der Swisscom und anderen Internetprovidern konkurrenziert. Denn um fernzusehen, ist heute kein Kabelnetzanschluss mehr nötig.
"Der Bund" hat wohl noch nicht bemerkt, dass Quickline noch etwas anderes anbietet als TV. In meiner Gemeinde (keine Glasfaser) surft man mit QL mit 500/50, Swisscom bringt gerade mal 40/10 zustande. Auch mit der neuen UHD-Box scheinen sie nun gut aufgestellt zu sein. Bevorzuge zwar nach wie vor die Dreambox, doch benütze die neue Box parallel dazu recht viel (insbesondere Replay). Ausfälle gabs bei mir in 10 Jahren nicht ein einziger.

Hoffe noch immer, dass die OTT-Strategie weitergeführt werden kann. Das Preis-Leistungsverhältnis beim TV-Angebot ist top. So könnten sie wohl etliche neue Kunden gewinnen. Vielleicht verschwindet mit einer Übernahme durch sunrise auch der vermutliche Bremser UPC in dieser Angelegenheit... 

 
Offenbar war bei einigen Aktionären von Quickline die Off-Net-Strategie von Nexora nicht gut angekommen. 

Die Aktionäre, das sind die regionalen Kabelnetzbetreiber. Mit TV-Produkten, die auch über Glasfaser genutzt werden könnten, würde Quickline zwar zusätzliche Einnahmen generieren. Doch die Nutzer solcher Angebote hätten keinen Anreiz, einen Kabelnetzbetreiber statt eines Telecomanbieters als Internetprovider zu wählen. Diese Konkurrenz aus dem eigenen Haus missfiel den Kabelnetzbetreibern.
Das ist die Krux der Sache - die Käbeler sind in ihrem Gärtchen zufrieden. Der Swisscom kanns recht sein - mit jedem Ausbauschritt kommt ihr Netz näher an das Kabelnetz heran. Und von Docsis 3.1 hört man gar nix mehr - während es in anderen Ländern bereits Gigabit gibt, hat sich hierzulande nix getant, obwohl der Ausbau schon lange angekündigt war. 600/60 ist auch nicht er Burner wenn du für weniger Geld 1000/1000 bekommst wennn du am richtigen Ort wohnst.

 
Tja, Innovation scheint da einmal mehr, wegen dem typisch schweizerischen föderalen Denken, nicht möglich zu sein. Lieber die Mehrheit gewinnen an einer Bude, die denen noch über den Kopf wachsen könnte. Zum einen legitim, auf der anderen Seite jedoch äusserst kleinkariert gedacht. Wenn Sunrise mit UPC zusammengeht, hat Quickline vielleicht auch plötzlich eine andere Sicht.

Die sollen jetzt aber mal ihr OTT-Angebot mit der eigenen Box und ausserhalb des Marktgebietes lancieren. Wie immer: Nicht so schnell, die Quickline.

 
Quickline hat bereits eine andere Sicht - darum wurde das Vehikel auch gebaut, allerdings betreiben die Aktionäre (Kabelnetzbetreiber) eben Heimatschutz. Die sind verständlicherweise nicht interessiert an einer OTT-Lösung...

Klassischer Interessenskonflikt - ich möchte nicht auf dem CEO-Stuhl sitzen...

 
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Fehlt nur noch der Player der sich wagt das Bundling aufzubrechen. Dann wird’s weh tun.

 
Weh tut es auf jeden Fall wenn der Grundanschluss wegen OTT plötzlich wegfällt.

Sichere Einnahmen, die nun möglichst geschickt in die übrigen Produkte umverteilt werden müssten.

 
Weh tut es auf jeden Fall wenn der Grundanschluss wegen OTT plötzlich wegfällt.

Sichere Einnahmen, die nun möglichst geschickt in die übrigen Produkte umverteilt werden müssten.


Für OTT braucht man immer noch einen Internetanschluss und da müssen sich die Kabler ja nicht verstecken. Und wer nicht im Gebiet wohnt, würde ja dann zusätzlicher Kunde. So what?

 
Nur der Internetanschluss setzt nicht zwingend den Grundanschluss voraus. Besonders dann wenn der Wechsel auf Glas langsam angestrebt wird. Mit Glas alleine habe ich noch keinen Service was im Kabelnetz eben nicht der Fall ist. Sicher eine Situation womit sich so mancher Käbeler auseinandersetzen muss.

 
QL zwingt dich aber zum Grundanschluss auf Fiber. Die haben’s echt noch nicht kapiert.

der Anti OTT Reflex findet man leider bei allen grossen Providern. Irgendwann kommt einer der kennt sowas nicht und dann wiederholt sich die Situation mit den SMS wieder... bin unterwegs in die Skiferien, ATV ist dabei. So geht das auch wenn’s QL und Co noch nicht kapiert haben.

 
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Überraschend ist das ja eigentlich nicht, macht der Grundanschluss doch einen ziemlich grossen Anteil der Einnahmen aus. Die einen schaffen das eleganter in die übrigen Produkte abzuwälzen und sich so von dem Grundanschluss zu lösen als andere.  ;)

 
Er wird auch zunehmend von der Swisscom und anderen Internetprovidern konkurrenziert. Denn um fernzusehen, ist heute kein Kabelnetzanschluss mehr nötig. Ein Glasfaseranschluss, also das frühere Telefonnetz, reicht völlig aus.
Was mich am dem Artikel stört: Ein Telefonanschluss ist kein Glasfaseranschluss, auch wenn die Kupferkäbeli-PTT dies so verkaufen will. Es ist besten Falls ein Hybridanschluss.