von Manuel Bühlmann
Pünktlich zur EM haben sich viele Schweizer Haushalte mit einem High-Definition-Flachbildschirm ausgerüstet. Mit den gestochen scharfen Bildern ist das allerdings so eine Sache. Spätestens beim ersten EM-Tor wissen Sie warum ...
High-Definition ist in aller Munde. Doch um in den Genuss des angepriesenen Fernsehens der Zukunft zu kommen, müssen einige Hürden genommen werden. Denn die Kabel-Riesen machen es der Kundschaft mit ihrem Angebot nicht gerade leicht, den Überblick zu behalten. 20 Minuten Online hat mit dem unabhängigen HD-Experten Albrecht Gasteiner, Gründer des HDTV-Forums Schweiz, gesprochen, um ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen.
«Furchtbar unpraktisch»
Der Profi beginnt euphorisch: «HDTV ist die wichtigste Innovation seit der Einführung des Farbfernsehens. Es bringt eine gewaltige Steigerung der Bildschärfe, eine wunderbare, flimmerfreie Klarheit und eine räumliche Tiefe, die schon fast dreidimensional wirkt. Beim Fussball meint man fast, die Grashalme zählen zu können. Eine hinreissende Erfahrung und wer das einmal erlebt hat, will nichts anderes mehr. Doch wer das Fernsehen der Zukunft geniessen will, braucht neben dem Fernsehgerät eine zusätzliche Box, eine zusätzliche Fernbedienung und zusätzliche Kabel, das ist furchtbar unpraktisch», enerviert sich Gasteiner über die aktuelle Situation.
Kabelriesen knebeln die Kunden
Momentan wird die digitale Technik von der Cablecom, der Swisscom und über Satelliten verbreitet. Jeder dieser drei Verbreitungswege hat seine Eigenheiten. «Die Cablecom sendet die digitalen Signale durch das herkömmliche Kabelnetz. Bei Kunden von der Swisscom-Tochter Bluewin-TV finden sie den Weg via VDSL-Telefonleitung ins Wohnzimmer», erklärt Gasteiner die Technik, die hinter dem Angebot der zwei Kabel-Riesen steckt.
Um die digitalen Signale schlussendlich zu entschlüsseln, ist in beiden Fällen eine zusätzliche Settop-Box nötig. Wer HDTV von Cablecom empfangen will, bezahlt für die Miete der Settop-Box regulär 15 Franken Mietgebühr pro Monat. Ähnlich sieht es bei Bluewin-TV aus. Wie bei einem Kabelfernsehanbieter fallen die monatlichen Gebühren für den HDTV-Empfang deutlich höher aus als beim bisherigen analogen TV-Angebot. Jedoch können so auch deutlich mehr Programme empfangen werden, nämlich 120 TV-Sender und über 80 Radiosender.
Satellitenfernsehen liefert die schärfsten Bilder
«Die beste Bild- und Tonqualität wird jedoch durch das digitale Satellitenfernsehen gewährleistet», ist der Gründer des HDTV-Forums überzeugt. Zusätzlicher Vorteil: Keine monatlichen Kosten und das grösste Programmangebot. Eine entsprechende Anlage gibt es bereits ab 200 Franken. Damit lassen sich über 500 TV- und mehr als 400 Radioprogramme empfangen.
«Ausserdem kann niemand einzelne Programme abschalten, was bei Kabelsystemen immer möglich ist», hebt Albrecht Gasteiner einen weiteren Pluspunkt für das Satellitenfernsehen hervor.
Allerdings hat auch das Sat-TV so seine Tücken: So sind für den Empfang der SRG ein Viaccess-Decodermodul und eine Sat-Acces-Karte (60 Franken) nötig. Um ORF sehen zu können, muss man sich eine Entschlüsselungskarte auf dem Graumarkt besorgen - eine auch technisch nicht ganz saubere Lösung. Lokale Fernsehstationen wie zum Beispiel Tele Züri, Tele Bärn oder Tele Basel werden über Satellit überhaupt nicht ausgestrahlt. «Auch sollte man beachten, dass über den Satelliten nicht telefoniert, kaum im Internet gesurft, E-Mails verschickt oder Video-on-Demand genützt werden können. Über Cablecom oder Swisscom ist dies aber kein Problem», gibt Gasteiner zu bedenken. «Man kann also nicht sagen, dass es nur einen einzigen Weg gebe, der selig macht», resümiert der renommierte Experte.
Bluewin-TV mag nicht vollends zu überzeugen
«Grosse Bildschirme sind toll, aber sie verlangen nach hochqualitativem Signal», so Gasteiner. Für ihn ist es offensichtlich, dass die Bildqualität des analogen Fernsehens überholt und nicht mehr zeitgemäss ist. Bei Bluewin-TV mag das empfangene Bild den Profi nicht vollends zu überzeugen: «Das hängt damit zusammen, dass heute die Übertragungskapazität der Telefonleitung noch zu klein ist und Bluewin das Signal sehr stark komprimieren muss. Die Leute dort sind aber sehr aktiv und die Bildqualität nähert sich langsam der Perfektion». Kunden von Cablecom digital kommen im Vergleich dazu schon heute in den Genuss eines sehr hochwertigen Bildes. Ein wichtiger Pluspunkt von Bluewin und Cablecom: Man bekommt problemlos eine Anzahl ausländischer Sender, für die man bei Satellitenempfang separate Decodermodule und Entschlüsselungskarten kaufen müsste.
Wenn der Nachbar früher jubelt
Wer zu Hause schon digital fernsieht, muss sich nicht wundern, wenn der Nachbar mit analogem Kabel-TV schon früher in Torjubel ausbricht. «Das rührt daher, dass beim digitalen Fernsehen viel mehr Informationen gesendet werden, die komprimiert und wieder entschlüsselt werden müssen. Da kann es schon sein, dass der Nachbar einige Sekunden zuvor weiss, welche Mannschaft einen Treffer erzielt hat», erklärt Gasteiner die Verzögerung.
Das analoge Fernsehen wird aussterben
«In Europa senden inzwischen etwa 95 Sender in High-Definition. Allerdings sind die meisten nur mit einem kostenpflichtigen Abonnement zu empfangen. Im Lauf der nächsten Monate werden aber mehr und mehr frei empfangbare Sender dazukommen», weiss Gasteiner. So sendet ORF ab EM sein erstes Programm in HD-Qualität über den Äther. Der deutsch-französische Kultursender Arte wird noch dieses Jahr nachziehen. ARD und ZDF machen noch im Laufe des Jahres mehrere HD-Inseln, zum Beispiel für wichtige Sportereignisse. Sie können aus politischen Gründen noch nicht das gesamte Programm digital verbreiten. «Die ganze Zukunft des Fernsehens wird digital sein, denn nur da sind mehr Programme und bessere Qualität möglich. Und längerfristig wird HDTV das althergebrachte Fernsehen ablösen. Hier spielt die Schweiz eine führende Rolle in Europa, denn schon in vier Jahren werden alle sieben Fernsehprogramme der SRG in hochauflösender Qualität ausgestrahlt und ab dem 1. April 2015 wird es die SRG-Programme über Satellit und Kabel nur noch in High Definition geben.» Und der Chef des HDTV-Forum Schweiz wagt eine kühne Prognose: «Bis dahin wird jedes TV-Gerät in der Lage sein, digitale Signale in HD-Qualität ohne separate Settopbox zu entschlüsseln».
Petition gegen Settop-Boxen-Monopol der Kabelnetzanbieter
Die Stiftung für Konsumentenschutz hat vergangene Woche beim Bund eine Petition eingereicht und verlangt, dass die Konsumenten unter verschiedenen Empfangsgeräten wählen können oder ganz auf Settop-Boxen verzichten können, wenn sie einen Fernseher mit eingebautem Empfangsgerät besitzen (20 Minuten Online berichtete). Die Motion verlangt von der Cablecom und anderen Anbietern konkret, dass sie ihre Verschlüsselung offen programmieren, damit sie mit Settop-Boxen verschiedener Hersteller kompatibel sind.
Link: 20minuten.ch: HDTV: Wenn der Nachbar früher jubelt - Multimedia
Quelle: www.20minuten.ch: News von jetzt!
Pünktlich zur EM haben sich viele Schweizer Haushalte mit einem High-Definition-Flachbildschirm ausgerüstet. Mit den gestochen scharfen Bildern ist das allerdings so eine Sache. Spätestens beim ersten EM-Tor wissen Sie warum ...
High-Definition ist in aller Munde. Doch um in den Genuss des angepriesenen Fernsehens der Zukunft zu kommen, müssen einige Hürden genommen werden. Denn die Kabel-Riesen machen es der Kundschaft mit ihrem Angebot nicht gerade leicht, den Überblick zu behalten. 20 Minuten Online hat mit dem unabhängigen HD-Experten Albrecht Gasteiner, Gründer des HDTV-Forums Schweiz, gesprochen, um ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen.
«Furchtbar unpraktisch»
Der Profi beginnt euphorisch: «HDTV ist die wichtigste Innovation seit der Einführung des Farbfernsehens. Es bringt eine gewaltige Steigerung der Bildschärfe, eine wunderbare, flimmerfreie Klarheit und eine räumliche Tiefe, die schon fast dreidimensional wirkt. Beim Fussball meint man fast, die Grashalme zählen zu können. Eine hinreissende Erfahrung und wer das einmal erlebt hat, will nichts anderes mehr. Doch wer das Fernsehen der Zukunft geniessen will, braucht neben dem Fernsehgerät eine zusätzliche Box, eine zusätzliche Fernbedienung und zusätzliche Kabel, das ist furchtbar unpraktisch», enerviert sich Gasteiner über die aktuelle Situation.
Kabelriesen knebeln die Kunden
Momentan wird die digitale Technik von der Cablecom, der Swisscom und über Satelliten verbreitet. Jeder dieser drei Verbreitungswege hat seine Eigenheiten. «Die Cablecom sendet die digitalen Signale durch das herkömmliche Kabelnetz. Bei Kunden von der Swisscom-Tochter Bluewin-TV finden sie den Weg via VDSL-Telefonleitung ins Wohnzimmer», erklärt Gasteiner die Technik, die hinter dem Angebot der zwei Kabel-Riesen steckt.
Um die digitalen Signale schlussendlich zu entschlüsseln, ist in beiden Fällen eine zusätzliche Settop-Box nötig. Wer HDTV von Cablecom empfangen will, bezahlt für die Miete der Settop-Box regulär 15 Franken Mietgebühr pro Monat. Ähnlich sieht es bei Bluewin-TV aus. Wie bei einem Kabelfernsehanbieter fallen die monatlichen Gebühren für den HDTV-Empfang deutlich höher aus als beim bisherigen analogen TV-Angebot. Jedoch können so auch deutlich mehr Programme empfangen werden, nämlich 120 TV-Sender und über 80 Radiosender.
Satellitenfernsehen liefert die schärfsten Bilder
«Die beste Bild- und Tonqualität wird jedoch durch das digitale Satellitenfernsehen gewährleistet», ist der Gründer des HDTV-Forums überzeugt. Zusätzlicher Vorteil: Keine monatlichen Kosten und das grösste Programmangebot. Eine entsprechende Anlage gibt es bereits ab 200 Franken. Damit lassen sich über 500 TV- und mehr als 400 Radioprogramme empfangen.
«Ausserdem kann niemand einzelne Programme abschalten, was bei Kabelsystemen immer möglich ist», hebt Albrecht Gasteiner einen weiteren Pluspunkt für das Satellitenfernsehen hervor.
Allerdings hat auch das Sat-TV so seine Tücken: So sind für den Empfang der SRG ein Viaccess-Decodermodul und eine Sat-Acces-Karte (60 Franken) nötig. Um ORF sehen zu können, muss man sich eine Entschlüsselungskarte auf dem Graumarkt besorgen - eine auch technisch nicht ganz saubere Lösung. Lokale Fernsehstationen wie zum Beispiel Tele Züri, Tele Bärn oder Tele Basel werden über Satellit überhaupt nicht ausgestrahlt. «Auch sollte man beachten, dass über den Satelliten nicht telefoniert, kaum im Internet gesurft, E-Mails verschickt oder Video-on-Demand genützt werden können. Über Cablecom oder Swisscom ist dies aber kein Problem», gibt Gasteiner zu bedenken. «Man kann also nicht sagen, dass es nur einen einzigen Weg gebe, der selig macht», resümiert der renommierte Experte.
Bluewin-TV mag nicht vollends zu überzeugen
«Grosse Bildschirme sind toll, aber sie verlangen nach hochqualitativem Signal», so Gasteiner. Für ihn ist es offensichtlich, dass die Bildqualität des analogen Fernsehens überholt und nicht mehr zeitgemäss ist. Bei Bluewin-TV mag das empfangene Bild den Profi nicht vollends zu überzeugen: «Das hängt damit zusammen, dass heute die Übertragungskapazität der Telefonleitung noch zu klein ist und Bluewin das Signal sehr stark komprimieren muss. Die Leute dort sind aber sehr aktiv und die Bildqualität nähert sich langsam der Perfektion». Kunden von Cablecom digital kommen im Vergleich dazu schon heute in den Genuss eines sehr hochwertigen Bildes. Ein wichtiger Pluspunkt von Bluewin und Cablecom: Man bekommt problemlos eine Anzahl ausländischer Sender, für die man bei Satellitenempfang separate Decodermodule und Entschlüsselungskarten kaufen müsste.
Wenn der Nachbar früher jubelt
Wer zu Hause schon digital fernsieht, muss sich nicht wundern, wenn der Nachbar mit analogem Kabel-TV schon früher in Torjubel ausbricht. «Das rührt daher, dass beim digitalen Fernsehen viel mehr Informationen gesendet werden, die komprimiert und wieder entschlüsselt werden müssen. Da kann es schon sein, dass der Nachbar einige Sekunden zuvor weiss, welche Mannschaft einen Treffer erzielt hat», erklärt Gasteiner die Verzögerung.
Das analoge Fernsehen wird aussterben
«In Europa senden inzwischen etwa 95 Sender in High-Definition. Allerdings sind die meisten nur mit einem kostenpflichtigen Abonnement zu empfangen. Im Lauf der nächsten Monate werden aber mehr und mehr frei empfangbare Sender dazukommen», weiss Gasteiner. So sendet ORF ab EM sein erstes Programm in HD-Qualität über den Äther. Der deutsch-französische Kultursender Arte wird noch dieses Jahr nachziehen. ARD und ZDF machen noch im Laufe des Jahres mehrere HD-Inseln, zum Beispiel für wichtige Sportereignisse. Sie können aus politischen Gründen noch nicht das gesamte Programm digital verbreiten. «Die ganze Zukunft des Fernsehens wird digital sein, denn nur da sind mehr Programme und bessere Qualität möglich. Und längerfristig wird HDTV das althergebrachte Fernsehen ablösen. Hier spielt die Schweiz eine führende Rolle in Europa, denn schon in vier Jahren werden alle sieben Fernsehprogramme der SRG in hochauflösender Qualität ausgestrahlt und ab dem 1. April 2015 wird es die SRG-Programme über Satellit und Kabel nur noch in High Definition geben.» Und der Chef des HDTV-Forum Schweiz wagt eine kühne Prognose: «Bis dahin wird jedes TV-Gerät in der Lage sein, digitale Signale in HD-Qualität ohne separate Settopbox zu entschlüsseln».
Petition gegen Settop-Boxen-Monopol der Kabelnetzanbieter
Die Stiftung für Konsumentenschutz hat vergangene Woche beim Bund eine Petition eingereicht und verlangt, dass die Konsumenten unter verschiedenen Empfangsgeräten wählen können oder ganz auf Settop-Boxen verzichten können, wenn sie einen Fernseher mit eingebautem Empfangsgerät besitzen (20 Minuten Online berichtete). Die Motion verlangt von der Cablecom und anderen Anbietern konkret, dass sie ihre Verschlüsselung offen programmieren, damit sie mit Settop-Boxen verschiedener Hersteller kompatibel sind.
Link: 20minuten.ch: HDTV: Wenn der Nachbar früher jubelt - Multimedia
Quelle: www.20minuten.ch: News von jetzt!
