Mit dem Black Friday ist es ähnlich wie seinerzeit mit dem iPhone. In den ersten Jahren gab es noch welche, die stundenlang vor den Apple Stores anstanden, ja gar campierten. Zu gut, zu neu, zu exklusiv war so ein Gerät damals noch, als dass viele dies an sich hätten vorbei gehen lassen können. Zwischen den ersten Modellen gab es auch noch grosse, spürbare Fortschritte.
Und heute? iPhones gibt es immer noch, alle Jahre wieder ein neues. Und sie verkaufen sich auch nach wie vor gut. Aber die Schlacht um die neuen Geräte von anno dazumal ist Geschichte. Viele wissen gar nicht, weshalb sie bereits wieder ein neues Gerät bräuchten, hat ihr jetziges doch alle im Alltag nötigen Funktionen und funktioniert noch.
Black Friday war vor einigen Jahren ein richtiggehendes digitales Ereignis. Wer etwas auf sich gab, blieb am Donnerstag zuvor selbstverständlich bis nach Mitternacht auf bzw. liess sich rechtzeitig wecken. Ganz Schlaue jetteten sogar ins Ausland (sie verheuten dafür den im Vorjahr ergatterten Black Friday Fluggutschein), so dass Black Friday, der Zeitverschiebung sei dank, für sie zu angenehmer Zeit los ging. Denn wenn man auch nur eine Hundertstelsekunde zu spät war, konnte man bei einem grossen Versandhändler mit rotblauem Logo den Kauf des neuesten 64K-QOLED TVs nicht mehr abschliessen, da das System hoffnungslos überlastet war und ausgerechnet der Bezahlvorgang häufig nicht klappen wollte - böse Zungen behaupten bis heute, dass da volle Absicht dahinter steckte.
Irgendwie passierte das aber immer nur einem selbst, während andere in derselben Zeit den Shop leer kauften. Kam man nach Stunden endlich wieder auf die gewünschten Seiten, hätte man jetzt zwar zahlen können, doch es gab nichts mehr zu kaufen. Alle Schwarzfreitag-Angebote, die es wirklich in sich hatten, waren längst weg. Nur die Ladenhüter standen noch zur Auswahl, ihrem Namen alle Ehre machend.
Tja, das waren noch romantische Zeiten. Heute? Besagter Händler mit dem rotblauen Logo zieht seine Aktionen jetzt über eine ganze Woche. Der Shop stürzt nicht mehr ins Nirvana ab, womit ein ganz spannendes Element wegfällt. Und die Deals sind nicht mehr mal halb so heiss und unwiderstehlich wie anno dazumal. Wach bleibt wegen sowas keiner mehr. Wenn's zur angenehmen Zeit dann noch was hat, was einem passt, kann man sich's ja immer noch überlegen. Fehlkäufe aus Zeitdruck sind Geschichte. Wo ist bloss der Nervenkitzel, wo das Triumphgefühl nach einem eingetüten Top-Deal geblieben?
Die Political Correctness schlägt noch den letzten Sargnagel für den Black Friday ein: Eine grosse, vielfach vom Staat gerettete Fluggesellschaft aus einem südlichen Nachbarland der Schweiz wirbt z.B. mit "Colorful Friday" - und diese Angebote sind immer noch viel zu teuer.
Kurz: Für den Schwarzen Freitag sehe ich allmählich schwarz.