Verdacht auf Konzessionsverletzung
Das Bundesamt für Kommunikation prüft, ob Cablecom gegen seine Konzession verstösst. Und die Stiftung für Konsumentenschutz zeigt Cablecom bei der Wettbewerbskommission an.
Wer vom analogen auf das digitale Fernsehangebot der Cablecom wechseln will, muss beim Kabelnetzbetreiber eine sogenannte Set-Top-Box beziehen, um die verschlüsselten Signale überhaupt empfangen zu können. Was Preisüberwacher Rudolf Strahm vor gut einer Woche verkündete, tönte daher nach guten Neuigkeiten: Die 1,5 Millionen Kunden von Cablecom müssen, wenn sie vom digitalen Angebot profitieren wollen, für dieses Decoder-Gerät ab nächstem April neu nur noch 150 Franken statt wie bisher 495 Franken bezahlen. Wird das Gerät gemietet, kostet es pro Monat nur noch 6 Franken statt wie bisher 25 Franken. Nur: Ob Cablecom überhaupt berechtigt ist, den Zugang zu ihrem digitalen Fernsehangebot an den Kauf eines Decoders von Cablecom zu koppeln, ist fraglich. In der Konzession, die vom 26. Juni 2002 datiert und die Cablecom als grössten Schweizer Kabelnetzbetreiber berechtigt, digitales Fernsehen anzubieten, steht: «Der Vertrag über das Abonnementsfernseh-Angebot darf nicht vom Kauf/Miete einer Set-Top- Box der Cablecom GmbH abhängig gemacht werden.» Die Idee hinter dieser Bestimmung: Der Kunde soll das Decoder-Gerät auf dem freien Markt erwerben können, ein Technologie-Monopol soll verhindert werden.
Wie erst jetzt bekannt wird, läuft gegen die Cablecom inzwischen denn auch ein entsprechendes Verfahren. «Wir haben bereits im April 2005 ein Verfahren wegen allfälliger Verletzung der Konzession eröffnet», bestätigt Bernhard Bürki, Pressesprecher des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom). Mit einem Abschluss rechnet er erst im nächsten Jahr, da das Verfahren aufgrund prozessrechtlicher Fragen zeitweise blockiert gewesen sei.
Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) hat wenig Verständnis, dass das Bakom erst im Frühling 2005 aktiv geworden ist. Zumal die Wettbewerbskommission (Weko) das Bakom bereits im Februar 2003 auf eine mögliche Konzessionsverletzung aufmerksam machte, wie die Weko in einem Schreiben von Juni 2005 an die SKS festhält.
Während Cablecom zum hängigen Verfahren keine Stellung nehmen will, besteht für die SKS kein Zweifel, dass Cablecom mit der Koppelung des Digital-Angebots an den Kauf eines Cablecom-Decoders seit nunmehr vier Jahren ihre Konzession verletzt. «Die Kundinnen und Kunden des digitalen Angebots der Cablecom haben über Jahre viel zu viel bezahlt», ärgert sich SKS- Präsidentin und SP-Ständerätin Simonetta Sommaruga. Gehe man davon aus, dass der Preis für eine Set-Top-Box im freien Markt dem neu festgelegten Gerätepreis von 150 Franken entsprochen hätte, kumuliere sich die Summe, die Cablecom ihrer Kundschaft widerrechtlich aus der Tasche gezogen habe, schnell auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag. «Aufgrund der seit mehreren Jahren dauernden Missstände werden wir gegen die Cablecom bei der Wettbewerbskommission Anzeige erstatten», kündigt Sommaruga an.
Die Weko wird abklären müssen, ob Cablecom in der Schweiz über eine marktbeherrschende Stellung verfügt und diese missbraucht hat.
Unabhängig vom Konzessionsverletzungsverfahren wird die Frage der Verschlüsselung demnächst auch aufs politische Tapet kommen. Dies im Rahmen der Verordnung zum neuen Radio- und Fernsehgesetz, die derzeit erarbeitet wird. Die SKS wie auch Preisüberwacher Strahm fordern, dass in der Verordnung die Verschlüsselung des Grundangebots durch Digitalfernseh-Betreiber verboten wird. Nur so könne man verhindern, dass die Anbieter ihre Kundschaft auch weiterhin zum Kauf ihrer Technologie zwingen können, sagt Sommaruga. Die Frage des freien Zugangs zum Grundangebot wird derzeit geprüft, sagt Bakom-Sprecher Bürki. Abschliessend wird der Bundesrat entscheiden. Die Verordnung sollte im April in Kraft treten.
Heidi Gmür
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